Um diese Frage beantworten zu können, gehe ich ganz bewusst von der gesamten Welt in die kleinste zwischenmenschliche Ebene: In die täglichen Begegnungen. Und diese schließen auch die Begegnung mit dir selbst ein.
Denn auch wenn wir uns manchmal wünschen, es möge sich doch bitte jemand darum kümmern, dass alles besser wird, sind es doch wir selbst, die die Welt aktiv mitgestalten. In jedem Gespräch, jedem Gedanken, jeder Handlung. Wenn wir wirklich ehrlich hinschauen, hinhorchen und reinfühlen, werden wir schnell merken, da ist nicht immer nur liebevolles Miteinander. Auch dann nicht, wenn wir es uns für die Welt wünschen. Im Gegenteil. Wir sind oft sehr hart mit uns selbst und mit anderen. Wir verurteilen, wir beschuldigen, wir bekämpfen, wir verspotten, wir nutzen einander aus, wir verzeihen uns nicht. Die Auswirkungen im Kleinen sind vielleicht nicht so gravierend sichtbar nach außen, aber die Ebene, in der wir uns befinden, ist häufig eine ganz ähnliche, wie sie sich im Großen zeigt.
Nein, das ist keine einfache Erkenntnis. Sie zieht uns nämlich alle in die Verantwortung. Gleichzeitig wissen wir, dass wir auf globale Entwicklungen wenig Einfluss haben. Das kann ziemlich frustrierend sein. Das kann so weit führen, dass wir sagen, bringt ja alles nix, mir ist schon alles egal. Oder es kann dazu führen, dass wir erst recht aktiv werden und schauen, wo wir zumindest irgendwas bewegen können. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es aber auch noch eine dritte Variante, die weder Lethargie noch Überaktionismus fordert. Sie beginnt im ganz Kleinen. Dort, wo du mit dir selbst sprichst. Dort, wo du mit anderen sprichst.
Was ich bei mir selbst über die Zeit beobachten konnte, ist folgendes: Je sanfter und verständnisvoller, je verzeihender und liebevoller ich mit mir selbst wurde, desto liebevoller wurde die Welt um mich herum, desto weniger Grund hatte ich für Abwehrhaltung und Schutz, desto offener konnte ich mich zeigen, desto mehr Inspiration war ich für andere, das ebenfalls zu tun. Oder anders gesagt: Die Welt um mich herum veränderte sich mit mir. Meine Veränderung hatte Einfluss auf die Welt, in der ich mich bewegte.
Sanft, verständnisvoll, verzeihend, liebevoll – klingt so einfach, aber ist es nicht immer. Denn manchmal ist es richtig schwer, das eigene Herz für diese Eigenschaften zu öffnen. Auch wenn man möchte, aber es geht einfach nicht. Auch dann nicht, wenn man schon weiß, wie schön es sein könnte und wie viel mehr liebevolle Energie durchkommen würde, wenn es offen wäre. Wie viel mehr Sanftheit wir ausstrahlen würden, wie leicht alles wäre, wie wie wie.
Der Weg zu einem offenen Herzen ist selten eine Gerade. Eher kurvig, steil, unübersichtlich. Manchmal Kopfsteinpflaster. Wundverband. Vom Schmerz eine Spur. Direkt ins Herz.
Klingt nicht unbedingt wie gute Werbung und trotzdem ist irgendwas dran, an dieser weichen, liebevollen und doch kraftvollen Art, die ein geöffnetes Herz in den Raum hineinleuchtet. In jeden. Nämlich auch in jene Räume, in denen es ziemlich dunkel ist. Es hat eine Anziehungskraft, die seinesgleichen sucht. Und findet.
Mit Ira Mollay, Gründerin der Mutmacherei, und Wolfgang Lalouschek, Coach und Neurologe, habe ich im Mai über offene und geschlossene Herzen gesprochen. Ein bereicherndes Gespräch aus verschiedenen Blickwinkeln mit doch sehr ähnlichen Sichtweisen.
Das Video ist in thematische Abschnitte gegliedert. Je nachdem wie viel Zeit du gerade hast, kannst du also entweder nur eine kleine Sequenz anschauen oder gleich das ganze Gespräch.
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